Rückenschmerzen und Muskelverspannungen begleiteten mich mein ganzes Leben. Ich war schon als Kind unsportlich und erlebte wiederkehrende Episoden von Kraftlosigkeit oder Erschöpfung. Den Alltag mit drei Kindern zu meistern, stellte mich oftmals vor eine schier unlösbare Herausforderung. Vor ungefähr 10 Jahren nahmen die Beschwerden im Rücken schleichend zu. Ich begann, z.B. Gartenarbeiten auf höchstens 30 Minuten zu begrenzen. Hoffnung machte sich in mir breit, dass die Schmerzen so abklingen würden. Fehlanzeige. Ich erlebte immer mehr, wie normale Alltagsarbeiten zur Belastung wurden. „Schmieren und Salben hilft allenthalben“, so verspricht es ein altes Sprichwort. Doch es half nicht und ich suchte meinen Hausarzt auf. Das Röntgenbild lieferte keine Erklärung, worauf mir der Arzt Physiotherapie verordnete. Meine Beschwerden besserten nicht, die Physiotherapeutin war ratlos. „In einer solchen Situation würde sie den Chefarzt Rheumatologie des Kantonsspital Baden KSB aufsuchen“, empfahl sie mir.
Eine mehrmonatige Wartezeit mit sich intensivierenden Schmerzen begann. Der Tag X bei Dr. Thueler war ein einschneidendes Erlebnis für mich. Ich war auf einfühlsames Verständnis und Fachkompetenz gestossen! Meine Schmerzen hatten also eine körperliche Ursache. Daran hatte ich während der Wartezeit immer mehr gezweifelt, denn meine Arbeitssituation entwickelte sich zunehmend als belastend. Könnten meine Rückenschmerzen etwa psychisch bedingt sein? Am Tag X lautete nun die Diagnose: Hypermobilität. Auswirkungen daraus waren eine Blockade des Iliosakralgelenkes (unterer Rücken) sowie Entzündungen. Am ganzen Körper fanden sich Triggerpunkte mit Schwerpunkt im Becken-, Gesäss- und Oberschenkelbereich. In einer ersten Phase zielten die Behandlungen auf die Linderung der Symptome ab mit Infiltrationen (Cortison), Dryneedling der Triggerpunkte und Schmerzmedikamenten. Erst in einer zweiten Phase sollte der Muskelaufbau zur Stabilisierung des Bewegungsapparates beginnen.
Die Odyssee, die nun folgte, würde ein Buch füllen. Ich hatte das Glück, bei einem Arzt in Behandlung zu sein, der Hypermobilität kannte. Jedoch schauten mich Reihen von Therapeuten ratlos oder ungläubig an, wenn sie meine Diagnose hörten. Es begann ein Spiessrutenlauf auf der Suche nach einer therapeutischen Fachperson, welche die nötige Kenntnis über die wirkungsvolle Behandlung bei Hypermobilität besass. Fehlanzeige. Mit jedem neuen Anlauf in einer anderen Physio-Praxis oder Trainingseinrichtung schöpfte ich Hoffnung. Mal für Mal führten die Therpieprogramme zur Überlastung der Muskulatur und zusätzlichen Schmerzen. Statt Linderung und Aufbau zu erleben, wurde ich enttäuscht und musste mir zum Teil Beleidigungen, Beschimpfungen und fehlenden Willen zur Genesung unterstellen lassen. Die ausbleibenden Therapie-Erfolge nährten auch in meinem Umfeld Skepsis und Unverständnis. Manche Menschen wandten sich ab. Es ist schwer zu beschreiben, welche psychischen Strapazen diese Erfahrungen mit sich brachten. Ich bin tief dankbar, dass mein Mann stets zu mir stand und zunehmend Aufgaben übernahm, die ich nicht mehr ausführen konnte.
Das Hypermoblilitätssyndrom HSD führte dazu, dass ich vieles aufgeben musste, was mir lieb war und zu meiner Lebensqualität gehörte: meinen Job, meine selbständige Beratungstätigkeit, Lesen, Musizieren auf der Klarinette (Gewicht des Instruments wurde zu schwer), Mitsingen im Chor, Gärtnern, Bergsteigen/anspruchsvolles Wandern und vieles mehr. Die wohl grösste Einschränkung war, dass ich fast nicht mehr stehen konnte. Man glaubt gar nicht, wie viele Tätigkeiten in unserem Alltag einhergehen mit der Fähigkeit, sich aufrecht stabil halten zu können. Auch die soziale Teilhabe kommt zu kurz, z.B. Ausstellungen, Aperitifs (häufig an Stehtischen), Einkaufen (Lebensmittel, aber auch Geschenke besorgen, Schmöckern) oder auch der Schwatz über den Gartenzaun. Meine körperliche Belastbarkeit nahm immer mehr ab. Ich wollte doch Zeit mit meinen Enkelkindern verbringen und sie aufwachsen sehen! Doch auch diesbzüglich musste ich enorme Abstriche machen. Ich führte das Leben einer alten, invaliden Frau.
Über die Jahre hatte sich mein Körper verändert. Mein Gewebe wurde zunehmend hart und mit derben, schmerzhaften Strängen versetzt. Insbesondere die Kniegelenke und Beine schwollen an, sodass sogar ein Lipödem diagnostiziert wurde. Konnte ich zu Beginn der Diagnose HSD noch mühelos vornüber den Boden berühren, führten die Gewebeverhärtungen zu weniger Beweglichkeit. So wechselten sich Momente ab, da ich an die Diagnose Hypermobilität „glaubte“ und auch wieder zweifelte. Hinter meinen starken Einschränkungen musste doch noch eine andere Krankheit stecken! In solchen Phasen versuchte ich mich im Internet schlau zu machen. Immer wieder war ich enttäuscht, über HSD so wenig im Netz zu finden. Mir fehlten Informationen, die mir hätten helfen können, meine Erfahrungen einzuordnen und mit anderen Betroffenen zu teilen. Ich fühlte mich mit meiner Krankheit auf einem einsamen Weg.
Bis zu dem Tag, als ich Mirjam kennenlernte. Ich fühlte mich wie „geflasht“, als sie mir von ihren Erfahrungen erzählte! Wie unglaublich wohltuend war es, nun nicht mehr alleine unterwegs zu sein! Heilsam empfand ich das Gespräch mit ihr, körperlich aufbauend waren die Tipps und Anleitungen zum gezielten Aufbau der Muskulatur. Gewisse Übungen sind nicht anders, als ich sie von der Physiotherapie kannte. Der grosse Unterschied besteht in der Art der Ausübung und der Anzahl Wiederholungen. Ganz sachte beginnen, ausbauen, auf die Rückmeldungen des Körpers achten und dem Dehnen der Muskulatur einen hohen Stellenwert einräumen. Seit einem Jahr „trainiere“ ich nun à la Mirjam und die positiven Auswirkungen sind spürbar. Vor mir liegt noch ein längerer Weg. In mehr als 10 Jahren erlebte ich v.a. eine Richtung: bergab. Aus dem Abwärtsstrudel ist dank Mirjam der Turnaround gelungen!